WNBL-Mädchen der TS Jahn München bekommen als Deutschlands Nummer zwei einen Talentiade-Preis

SZ-Talentiade - Silber mit ein paar Kratzern

Über dem Esstisch baumelt an einem schwarz-rot-goldenen Band eine Medaille von der Deckenlampe. Ihre sei es nicht, erklärt Emily Bessoir, sie gehöre ihrem Bruder Billy, der mit seinem Basketballteam Zweiter in der Nachwuchs-Bundesliga NBBL wurde. Auch sie selbst ist vor einigen Wochen mit der TS Jahn München Zweite geworden, in der WNBL, der U17-Bundesliga der Mädchen. "Meine hing auch schon da", sagt sie, aber man müsse eben abwechseln: "Sonst kracht die Lampe runter." Ihr Blick fällt auf einen Schrank im Eck, auf dem sich ein schwarz-rot-goldenes Knäuel aus Medaillen auftürmt.

Die ganze Familie hat sich im Wohnzimmer versammelt. Billy, der für die Internationale Basketball-Akademie Schwabing spielt, Mutter Gisela, eine ehemalige Regionalliga-Basketballerin, und Vater Bill, der als Profi aus den USA kam, später für Nördlingen und den FC Bayern antrat. Im Hause Bessoir dreht sich alles um Basketball. Emily war schon als Zweijährige mit in der Halle, beschäftigte sich am Spielfeldrand mit dem Ball, sobald sie laufen konnte. Heute ist sie 15, 1,92 Meter groß. Es wäre ein Wunder gewesen, hätte sie sich für einen anderen Sport entschieden.

Es war ein knappes Finale um die deutsche Meisterschaft, das ihr Team Ende April in Wolfenbüttel verlor, 50:58 gegen den Gastgeber, der kurz vor Schluss einen vorentscheidenden Dreier traf. Im Anschluss wurde Bessoir zur wertvollsten Spielerin (MVP) der ganzen Liga gewählt, was kaum verwunderlich war: Sie war Topscorerin, ihr waren in der Saison die meisten Blocks gelungen, die meisten Rebounds, die drittmeisten Assists. Doch Bessoir wurde dann überraschend auch zur MVP dieses Top-4-Finalturniers ernannt, obwohl ihr Team ja verloren hatte. Deshalb weiß sie bis heute nicht so recht, wie sie auf dieses Ereignis zurückblicken soll. "Natürlich bin ich glücklich und stolz, dass ich das geschafft habe", sagt sie, "und Zweiter ist ja auch was." Doch die ganze Mannschaft hatte sich diesen Titel nun mal fest vorgenommen, er war zum Greifen nah. Und hätte sich im Halbfinale nicht Münchens dominante Angreiferin Leonie Fiebich das Kreuzband gerissen, "dann hätten wir das auch geschafft", ist sich Bessoir sicher.

Sie war unmittelbar daneben gestanden, als es passierte: Fiebich versuchte, sich durch eine Körpertäuschung für Bessoirs Einwurf freizulaufen, plötzlich sank sie zu Boden. "Das war für mich schon eine Art Trauma", sagt Bessoir, "sie schreit oder weint sonst nicht so schnell. Ich war noch eine Woche später geschockt." Die Erinnerung an jenes Turnier ist für Emily Bessoir deshalb immer noch auch die Erinnerung an den Tag, "an dem Leo sich so schwer verletzt hat". Am vergangenen Mittwoch besuchte sie Fiebich im Krankenhaus.

Bessoir übernahm dann noch mehr Verantwortung auf dem Feld, obwohl sie eine der Jüngsten im Münchner Team ist. Auch deshalb wurde sie wohl MVP. Sie gehe gern voran, sagt sie, auch wenn sie eher nicht zu den Lauten zähle. Aber natürlich war die ganze Mannschaft stark. Johanna Häckel zum Beispiel war schon zum dänischen Verband gewechselt, weil sie in der deutschen Auswahl nicht so recht zum Zug gekommen war - doch in der vergangenen Saison hatte sie sich in ihrem Team derart prächtig entwickelt, dass sie nun zurückgewechselt ist und im deutschen U-18-Kader steht. Sie führte in der WNBL die Saisonstatistiken in den Kategorien Dreipunktwürfe und Assists an.
Man vergisst sehr leicht, wie jung Emily Bessoir noch ist, wenn man vor ihr steht.
Fast alle im Kader kennen sich schon lange. "Wir haben einen tollen Teamgeist", schwärmt Bessoir. Mit Häckel und Lea Pfeifer gemeinsam habe sie in der U10 begonnen, die meisten anderen seien in der U13 dazugestoßen. Da trifft es sich prima, dass der Deutsche Basketball-Bund aus der U17- nun eine U18-Bundesliga macht, so können alle weiterspielen. Bis auf Fiebich natürlich. "Das motiviert uns, dass wir den Titel nächstes Jahr holen können", sagt Bessoir. Wobei: In der Hauptrunde werde man sie, Häckel und Pfeifer wohl kaum noch in der WNBL sehen, kündigt Coach Armin Sperber an. Das Trio soll weitgehend in der zweiten Liga der Frauen antreten, wo Bessoir auch in der vergangenen Saison schon eine gute Rolle spielte und Routiniers wie Jezabel Ohanian zu ersetzen sind. "Da werden unsere drei verbliebenen Heldinnen dringend gebraucht", schätzt Sperber. Er hofft dennoch, das Top-4-Turnier zu erreichen, um dann nachzuholen, was bisher nicht geklappt hat. Er fürchtet allerdings, dass das "ein sehr ehrgeiziges Ziel" ist.

Zuvor wird sich die WNBL-Mannschaft der TS Jahn erst einmal einen Förderpreis der SZ-Talentiade abholen. Emily Bessoir wird zur Preisverleihung nicht kommen können, sie hat Verpflichtungen. Im Wohnzimmer lehnt ein Ausdruck des offiziellen Veranstaltungsplakats zur U16-Europameisterschaft im französischen Bourges, auf die demnächst die Vorbereitung startet. Vier Spielerinnen in dynamischen Aktionen sind darauf zu sehen, aus vier Nationen, darunter eine Deutsche, beim Rebound mit der Nummer 12: Emily Bessoir. "Ich habe sie erst gar nicht erkannt", sagt ihre Mutter, "aber es ist schon etwas ganz Besonders, da drauf zu sein."

2016 war Emily Bessoir auch schon dabei, damals bei der U16-EM in Udine. Sie war eigentlich nicht eingeplant gewesen, bis sie in ihrer U15 bei einem Turnier in Litauen MVP wurde. "Es war cool, ich habe dann sogar ziemlich viel gespielt, das hatte ich gar nicht erwartet." Deutschlands U16 holte Silber, im Finale unterlag sie Spanien. Auch so ein knapp verpasster Titel. Ob dieses Mal noch mehr drin ist? "Es wäre schön, wir sind zumindest ziemlich groß", sagt Bessoir. Auf alle Fälle will sie unbedingt unter die ersten Fünf kommen und sich für die WM qualifizieren. Wie es weitergeht? Keine Ahnung, sagt sie. Vielleicht will sie mal an ein College in den USA gehen, ihr Großvater lebt dort. Aber sie hat ja noch viel Zeit. In drei Jahren erst kann sie ihr Abitur machen. Man vergisst leicht, wie jung Emily Bessoir ist, wenn man vor ihr steht. Im Flur sagt sie noch, dass sie nun unbedingt einen Meistertitel haben will. Silbermedaillen, findet sie, hat sie genug gesammelt.

 

[Quelle: ttp://www.sueddeutsche.de/muenchen/sport/sz-talentiade-silber-mit-ein-paar-kratzern-1.3554548]

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